Walther und Prinz Frédéric bei „Kampf der Realitystars“: Toxische Gentlemen

von Sebastian Milpetz

In der RTLZWEI-Show „Kampf der Realitystars“ verkörpert der „Traumfrau gesucht“-„Kultkandidat“ Walther Hoffmann einen in den Medien längst ausgestorben geglaubten Typus: Der Gentleman, der Frauen mit gutgemeinten, aber vergifteten Komplimenten überhäuft. 

Toxische Gentlemen: Prinz Frédéric (l.) und Walther Hoffmann (Bild: RTLZWEI)
Toxische Gentlemen: Prinz Frédéric (l.) und Walther Hoffmann (Bild: RTLZWEI)

Womit kann man im Reality-TV noch schocken, polarisieren oder überraschen? Und das, ohne sofort gecancelt zu werden? Nach dem Homophobie-Skandal um Marcus von Anhalt bei „Promis unter Palmen“, der Sat.1 sofort dazu zwang, den Prollprinzen abzuziehen, geht nicht mehr viel, ohne sich gleich untragbar zu machen. RTLZWEI hat bei „Kampf der Realitystars“ einen interessanten Mittelweg gefunden. Die Macher haben mit Walther Hoffmann einen Typus ausgegraben, der ausgestorben schien, zumindest im TV: Der toxische Gentleman. Der Frauen nur Komplimente machen will, die gut gemeint, aber so vergiftet sind, dass sie nicht weniger problematisch sind als offen frauen- oder homofeindliches Gepolter.  

Wer ist Walther?

Nicht nur durch das altertümliche H in seinem Vornamen erweist sich der 61-Jährige als Relikt, sondern auch durch sein TV-Debüt bei „Traumfrau gesucht“. Die Sendung debütierte bei RTLZWEI 2012 und endete erst 2017, wirkt aber schon wie aus einer anderen Epoche:  Schwer vermittelbare deutsche Singles gehen in Osteuropa auf „Brautschau“, wie man noch früher sagte. Walther war von den Frauen (oder wie er sagen würde: „Damen“) in Deutschland enttäuscht. Zu viel eigene Meinung, Widerworte und so. Zum Glück war das bei seiner Frau Marta, die er über die Show in Rumänien kennenlernte, anders: „Sie kritisiert nicht an dem Mann rum, was leider viele Frauen in Deutschland machen. Das ist der Grund, warum ich so lange alleine war. Denn ich sage, eine ‚Ja, aber’-Freundin, die brauche ich nicht.“

 

RTLZWEI lässt nun also bei „Kampf der Realitystars“ schon zum zweiten Mal diesen Geist aus der Vergangenheit los. Wie schon bei „Traumfrau gesucht“ hat der selbsternannte „Dr. Love“ Pakete mit Geschenken für die Damen dabei. Die bekommen sie aber nur, wenn sie brav waren. Am ersten Tag war das offenbar der Fall, denn er beschenkte seine Mitkandidatinnen, da sie für die Männer gekocht haben.

 

Ansonsten ist Walther ein klassischer Vertreter des Typ Mann, der sich im Zuge von #MeToo und Co. darüber echauffierte, dass man den Damen nicht mal mehr Komplimente machen dürfe. Mit solchen wirft er in der Show um sich, und wenn es für die Brüste einer Teilnehmerin ist. Als zwei Raucherinnen zur Strafe für kollektive Regelverstöße ihre Zigaretten abgeben müssen, bietet er an, im Tausch seine Bettdecke und andere Habseligkeiten abzugeben.

 

Bei den Mitspielerinnen kommt dieses ritterliche Verhalten überraschenderweise (oder nicht überraschenderweise) gut an, genauso wie bei den jungen Männern der Show. Sie feiern Walther ab, auch wenn nicht ganz klar wird ob sie das aus Überzeugung und heimlichem Neid gegenüber der alten Schule tun, oder eher aus Mitleid gegen dieses unbeholfene Relikt.   

 

Als Walther einmal befürchtet, die Show verlassen zu müssen, bittet er den jungen Youtuber Leon Machere, sich in seiner Abwesenheit um die Damen zu kümmern. Ihnen die Kissen aufschütteln und Komplimente machen. Denn sonst, so seine Logik, machen sie sich nicht mehr hübsch. Damit entlarvt der Reisekaufmann herrlich die Denke der „alten Schule“ (gab es die wirklich in dieser Form?): Komplimente und ritterliches Gebaren dienen nur dazu, den Frauen ihren Rang zuzuweisen. 

Prinz Frédéric: Ladies First, ich firster

Und dann gibt es noch Frédéric von Anhalt. Der Peinlichprinz und bezahlter Adoptivvater von Prinz Markus ist bei „Kampf der Realitystars“ so etwas wie das monströse Double von Walther. Der 78-Jährige handelt auch nach dem Motto „Ladies First“, auch wenn er ansonsten den knallharten Sozialdarwinisten gibt. Der Prinz gibt den schamlosen Egoisten, der jeden rauswerfen will, der ihm zu langweilig auftritt. Ist ja schließlich alles gnadenloses Entertainment und ein Spiel, bei dem er um jeden Preis gewinnen will.

 

Nicht nur wegen seines roten Basecaps erinnert Frédéric an Donald Trump und dessen „You’re fired“-Gehabe bei der US-Reality-Show „The Apprentice“. Auf eine andere Art ist auch er ein Relikt aus einer gar nicht so weit entfernten Epoche, der in einer selbst im Reality-TV auf Harmonie, Wertschätzung und Konsens ausgerichteten Zeit wie Sprengstoff wirkt.

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