Meditieren und Brummireifen stemmen – Das Männerbild bei „Die Bachelorette“

von Sebastian Milpetz

Weinen und durch Parcours rennen: Warum „Die Bachelorette“ perfekt die heutigen Anforderungen an Männlichkeit spiegelt.

  

Meditierende Männer, die über ihre Gefühle sprechen, Tränen ihren freien Lauf lassen und sich teilweise die Fingernägel lackieren: Wer (wie ich in diesem Jahr) zum ersten Mal in die eine-Frau-sucht-sich-unter-etlichen-Männern-den-Richtigen-aus-Show „Die Bachelorette“ schaltet und Chauvi-Eskapaden erwartet, täuscht sich. Von der angeblich so weit verbreiteten „toxischen Männlichkeit“, die sich in Machogebaren, Körperpanzern und Schweigekulturen äußert, ist in der griechischen Villa, in der die Typen auf ein Date mit Junggesellin Melissa warten, nicht viel zu spüren. Obwohl, Körperpanzer gibt es bei der „Bachelorette“ schon. Wer nicht mindestens ein Sixpack vorzuweisen hat, wurde von RTL gar nicht in die Endauswahl eingeladen. Oder Typen mit einem kleinen Bäuchlein (das ja beim volltätowierten Hipstermetzger in Berlin Mitte durchaus schon wieder in ist) trauen sich erst gar nicht, sich zu bewerben. 

Die neuen Männer. Bild: TVnow
Die neuen Männer. Bild: TVnow

Nachdem die Junggesellen es in der zweiten Folge beim Canyoning noch relativ locker angehen lassen konnten, müssen die „harten Männer“, so die süffisante Stimme aus dem Off, in der dritten Episode (28.10. bei RTL) in eine Aufgabe, die zeigt, dass das Männerbild der Produzenten nicht mit dem real praktizierten Habitus der Kandidaten Stand gehalten hat, das nicht so klassisch maskulin markiert daherkommt wie man zunächst denken könnte. 

 

Die Macher haben einen Parkour aufgebaut, wie man ihn aus Filmen über die Grundausbildung beim Militär kennt: Ein riesiger Autoreifen muss aus dem Weg gestemmt werden, eine über zwei Meter hohe Wand muss überwunden werden, durch Schlamm gerobbt werden. Immer zwei Männer müssen gegeneinander antreten. Bachelorette Melissa ist die archaische Versuchsanordnung sichtlich unangenehm, obwohl sie schließlich ein Megaphon packt und darüber die jeweils zurückliegenden Kandidaten lautstark antreibt. Daniel M. bricht sich sogar den Fuß, hält aber durch. Einen Mitleidsbonus will er aber nicht, wie der Vollbartträger gegenüber Melissa im „Einzeldate“ anschließend klar macht. 

Kochen ist wichtiger als pumpen

In dem anderen Gruppendate des Tages geht es hingegen ums wirklich Eingemachte: Ein Vier-Gänge-Menü muss zubereitet werden. Einen Monstertruckreifen durch die Gegend wuchten ist schön und gut, aber der moderne Mann muss nun wirklich kochen können. Die Zeiten, in denen es als unmännlich galt (die alte Toxikologie lässt grüßen) in der Küche zu stehen, sind lange vorbei.

 

Apropos: Der einzige halbwegs „toxische“ Mann musste schon nach der zweiten Ausgabe gehen. Emre konnte nie die Finger von der Bachelorette lassen und versuchte sogar, sie, gegen ihren Willen zu küssen. Für den Barkeeper gab es natürlich keine Rose. 

 

Nicht nur durch die Auswahl der von der Produktionsfirma arrangierten Challenges, sondern auch in der Selbstinszenierung zeigt „Die Bachelorette“ moderne Männlichkeit in all ihrer Ambivalenz. Die Männer meditieren begeistert, weinen teilweise, werden dabei aber von ihrem Vorbeter Daniel M. auch zur Leistungserbringung angestachelt: „Gebt Gas“.

 

Die Jungs gestehen sich ohne falsche Scham zu, sich vor einem Einzelgespräch Mut anzutrinken. Sätze wie „Willst du den Macker markieren“ zeigen die Gebrochenheit und Konstruiertheit von traditionellen Männerbildern, die hier gleichzeitig erweckt und unterlaufen werden.

 

"Die Bachelorette": Mittwochs 20.15 bei RTL und im Stream bei TVnow

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